Musée d‘ethnographie de l‘Université de Bordeaux
Tamara Pjatnikova erklärt die Herstellung von Fischledergegenständen
„Früher stellte man aus Fischhaut allerlei Dinge her. Das hier ist Quappenhaut, siehst du, der Rückenteil der Haut ist stark, und weil er stark ist, wurden früher Planen daraus hergestellt. Verdecke zum Schutz vor Regen und Taschen für Kleidung wurden daraus genäht. Taschen und wasserdichte Jacken nähte man daraus. Für das Leder wurde die Rückenhaut der Quappe verwendet, da die Rückenhaut dicker und stärker ist, wogegen die Bauchhaut dünn ist und leicht reißt. Ich weiß nicht, wie die Haut früher verarbeitet wurde. Heutzutage wird die Herstellung von Gegenständen aus Fischhaut wiederbelebt. Heute nimmt man die Fischhaut, reinigt sie in Wasser mit Waschmittel, spült sie gut ab, trocknet sie, walkt sie und das Fischleder ist fertig. Das gegerbte Fischleder wird zum Nähen verschiedener Gegenstände genutzt. Kleine Handtaschen oder Nähtäschchen werden daraus hergestellt.
Es gibt eine Legende von Menschen, die auf einem Floß flussabwärts fuhren. Wahrscheinlich war es eine Geschichte über die Besiedlung der Stadt Berjosovo und unserer Flussniederung bei Polnovat am Ob. Der Legende nach lebten offenbar bereits Menschen in Berjozovo. Ein Mann geht ans Ufer und sieht ein Floß kommen. Auf dem Floß ist ein Mann. Und das Floß hat ein Verdeck aus Fischhaut, genauer gesagt Quappenhaut. Wenn man weit reiste, baute man es auf und wohnte darunter, so wie in einem Zelt. Anscheinend waren sie auf einer langen Reise und konnten darunter schlafen und Schutz vor Regen finden. Damals wurde die Haut der Quappe zum Nähen von Verdecken verwendet. Ich erinnere mich auch, als ich klein war, gab es etwas Ungewöhnliches im Speicher meines Großvaters. Ich sah dort eine Jacke. Man sagte, sie diente zum Schutz vor Regen. Beim Fischfang war man jedem Wetter ausgesetzt – Regen und nassem Schnee. Man trug diese Jacke über der Kleidung und die Kleidung darunter blieb trocken. Bei schönem Wetter trocknete man die Jacke, aber nicht in der Sonne, so wurde sie irgendwo im Schatten getrocknet. Ich erinnere mich zum Beispiel an den Speicher meines Großvaters. Es gab dort eine Vorrichtung, eine Art Querstange, an der Dinge aufgehängt wurden, die nicht in der Sonne trocknen durften. Sie hingen den ganzen Sommer dort. Ich habe einmal gefragt, warum alle Ecken der Scheune Löcher hätten, wo die Sachen aufbewahrt wurden. Hätte man das nicht reparieren können? Man sagte, nein, das sei mit Absicht so gemacht worden. Wenn dort im Sommer Winterkleidung gelagert wurde, sorgte die Zugluft dafür, dass keine Motten in die Pelze gelangten. Dort wurden auch die Sachen aus Fischhaut getrocknet. Wahrscheinlich wurden Tutčangčera-Taschen, nicht nur für Frauensachen, daraus genäht, sondern auch für Dinge, die auf langen Reisen oder Fahrten transportiert wurden.“ (Тranslation in progress)
Aufgezeichnet von Stephan Dudeck. Budapest, 2024.