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Lilija Zdor und ihr Team erzählen von dem rituellen Feuerbrett

„Hier handelt es sich um ein Brett zum Entfachen eines Feuers mit allem Zubehör. Das Brett hat einen Kopf und steht in Verbindung mit einer Holzfigur, einem Amulett für ein Kind. Als das Kind erwachsen wurde, brachte man sein Amulett an das Feuerbrett an. An dem Feuerbrett befindet sich auch ein Bohrer - nilek, aus Holz. Auf dem nilek gibt es die Kniescheibe vom Bein eines Rentieres, die man unbedingt benötigt, um den Stab in einer aufrechten Position zu halten. Diese Halterung (gyrgyčyčoč’yn) kann auch aus dem Stoßzahn eines Walrosses oder aus allen größeren Knochen eines Tieres hergestellt sein. Jede Familie benutzte mehrere Feuerbretter. Die Bretter waren oft mit der Silhouette eines Kopfes und manchmal auch mit Beinen versehen. Ursprünglich war dieses Brett wohl gleichmäßig dick – was man an der Stärke des „Kopf“-Teils sieht. Dabei wurde der „Bauch“ des Brettes abgehobelt, damit (mehr) Luft in die Löcher strömen kann. Denn in eine tiefe Aushöhlung gelangt weniger Luft, und bei der Reibung verringert sich die Möglichkeit des Entzündens. Das Gerät besteht aus einem Bogen und einem Lederriemen. Für den Bogen wird Rentiergeweih oder Holz verwendet, und der Lederriemen ist aus der Haut der Bartrobbe. Um das Feuer zu entfachen, wird mit einer Hand auf die Abdeckung des Stabes gedrückt, und mit der anderen Hand der Bogen hin und her bewegt. Das Drehen des Stabes bringt zerbröckeltes Holz in der engen Öffnung zum Schwelen. Das Feuer vom heimischen Herd darf nicht in andere Behausungen gegeben werden. Solche Ritualbretter werden in einem besonderen Beutel aufbewahrt, bis zum nächsten Fest. Die Bretter werden mit der Zeit immer dunkler, aufgrund ihrer Lagerung in einer raucherfüllten Jaranga. Die Stelle, an der am Kopf der Mund zu sehen ist, ist fettig. Denn während der Festtage werden die Bretter für rituelle Fütterungen verwendet. Auch andere rituelle Gegenstände werden während der Festtage gefüttert. Von Rentierbeinen wird das Knochenmark entnommen und als geschmolzenes Fett ypalgyn für die rituelle Fütterung verwendet. Dazu werden die Knochen des Rentiers zerstoßen und gekocht. Das gewonnene Fett wird mit einem Löffel abgeschöpft und gekühlt. Das hier zu sehende Gerät zum Feueranmachen wurde wahrscheinlich nicht als zeremonieller Gegenstand verwendet, ein solches wäre nicht in Gondattis Sammlung gegeben worden.“

Irina erzählt über das milgyn ihrer Familie: „Einmal während einer Weidewanderung hatten wir das milgyn ohne „Kopf“ verloren. Milgyn ist jedoch bei Kilvej-Festen unabdinglich. Vor ein paar Jahren ist unsere Familie in die Siedlung gezogen, und wir feiern das Kilvej-Fest weiterhin dort. Deshalb schlug ich meiner Mutter vor, ein anderes milgyn zu beschaffen, um das verlorene zu ersetzen. Und Oleg ist es gelungen.“ (Video and translation in progress)

Aufgezeichnet 2024