Musée d‘ethnographie de l‘Université de Bordeaux
Lilija Zdor und ihr Team erzählen von einem Fell-Overall
„Dieser Overall ist sichtlich abgenutzt, er hat Schrammen an den Ärmeln, und der Ärmelbesatz und das Fell auf der Brust sind fettig. Der Overall ist aus drei Fellen genäht, von einem einjährigen Rentierkalb aus der Sommerschlachtung. An der Halsöffnung und an den Ärmeln ist das Fell eines Hundes angenäht, und die Bänder sind aus Robbenhaut gefertigt. Der abgebildete Overall unterscheidet sich nicht von heutigen Overalls. Diese werden auf ähnliche Weise geschnitten und genäht.
Heutzutage werden Overalls nur noch in Rentierhalterlagern getragen. In den Siedlungen hingegen trägt man kaum noch solche Fellkleidung. Das ist auf den Rückgang der Rentierpopulation zurückzuführen. Die Häuser in den Dörfern sind warm und Dorfbewohner müssen sich nicht ständig draußen in der Kälte aufhalten. In den Dörfern wird Fellkleidung vor allem noch von Jägern und Fischern getragen. Wie alle Winterkleidung der Čukčen ist die Hose eine doppelte Latzhose. Der innere Overall ist aus zwei Fellen eines ausgewachsenen Rentiers genäht. Das Fell eines erwachsenen Rentiers ist dichter und speichert die Wärme besser. Der äußere Overall ist aus drei Fellen eines großen Rentierkalbes genäht. Die Ärmel des Overalls müssen weit sein, damit man die Hände frei zum Arbeiten hat. Der innere Overall sollte wärmer sein und einen breiten Flaum haben. Für die Borten verwendet man das Fell eines Vielfraßes oder eines Hundes. Die Felle von im Herbst geschlachteten Rentieren werden zum Nähen von Kleidung verwendet, wenn die Rentiere gut genährt sind und das Fell in ausgezeichnetem Zustand ist. Dann nimmt man diese Felle zum Nähen von Kleidung. Das Fell eines geschlachteten Rentiere wird auf dem Boden ausgebreitet, um es im Wind zu trocknen. Dann wird die Haut des Fells mit Wasser aufgeweicht und mit einem speziellen Werkzeug, dem enanvenan, werden die Fleischreste entfernt. Schließlich wird die Haut mit dem Sommerkot des Rentiers eingerieben. Das Fell wird zusammengewickelt und so bis zum nächsten Tag belassen. Dann wird das Leder mit den Fersen bearbeitet, bis es weich wird. Der Vorgang des Aufweichens der Haut wird manchmal mehrmals wiederholt.“
Irina erzählt dazu Folgendes: „Meine Urgroßmutter Yanrainau hatte drei Overalls. Der festliche war aus bunt gefleckten Rentierfellen genäht. Sie trug ihn an Festtagen oder wenn sie zu jemand zu Besuch ging. Im alltäglichen Overall machte sie die Arbeit in der Jaranga. Dieser Overall war aus den Fellen eines ausgewachsenen Rentiers genäht. Den dritten Overall benutzte sie, wenn sie mit der Herde unterwegs war.“ (Video and translation in progress)
Aufgezeichnet von Lilija Zdor und ihrem Team, 2024.