MU North Logo

Aleksandra Prokop’eva kommentiert Stirn- und Ohrenwärmer

"Das Ungewöhnliche und Seltsame an diesem Exponat ist, dass hier der Kälteschutz und das Ornament eines bastyҥa (Rückenschmucks) zusammen gezeigt werden. Es sind verschiedene Arten der Isolierung zum Schutz gegen Kälte in der jakutischen Kleidung verbreitet, die zusätzlich unter warmer Kleidung getragen werden. Hier dient sie dem Kopf. Ein Teil bedeckt die Stirn, ein anderer die Ohren. Im Inneren ist alles mit Eichhörnchenfell besetzt, welches weich ist und warmhält und was die Sacha gerne als innere Isolierung von Fellmänteln und Fäustlinge und Mützen verwendeten. Interessant ist hier die Ausführung des äußeren Teils des Ohrenwärmers aus Biberpelz. Biberpelz wurde im 18. Jahrhundert häufig verwendet, vor allem für elegante Kleidung, jedoch weniger für Alltagskleidung. Biberpelz war teuer und er wird in Erzählungen oft erwähnt. Er konnte von einheimischen Bibern aus dem Aldan-Gebiet stammen, oder auch aus Kamtschatka importiert werden. Das bestätigt einmal mehr, dass es sich bei diesem Teil der Kleidung nicht um ein einfaches Kleidungsstück handelt, sondern um eines mit Status. Der obere Teil ist aus rotem und schwarzem Stoff genäht. Eine solche Farbkombination war in der Kleidung der Sacha im 19. Jahrhundert üblich. Offenbar war diese Kombination zu einer bestimmten Zeit besonders beliebt, wogegen die Farbgebung davor und danach eine etwas andere war. Solche kälteschützenden Mützen konnten auch unter der d’abaka-Mütze einer Frau und unter anderen Arten von Kopfbedeckungen getragen werden.

Wir nehmen an, dass diese Bänder auf der Rückseite in alten Zeiten das Bild von Zöpfen vermitteln konnte. Die Sacha hatten früher einen besonderen Brauch bzw. ein Ritual des Wechsels der Frisur, der den Übergang einer Frau, einer Schwiegertochter oder einer Frau, die heiratet, vom Status einer Braut zum Status einer verheirateten Frau hervorhebt. Auch andere turksprachige Völker, die mit uns verwandt sind, haben zu solchen Anlässen ein ähnliches Ritual des Frisurenwechsels. Daher hatten unsere Vorfahren höchstwahrscheinlich auch ein solches Ritual, das jedoch in den Aufzeichnungen der Ethnografen des 18. und 19. Jahrhunderts nicht berücksichtigt wurde. Denn obwohl diese Streifen keine funktionelle Rolle spielen, ähneln sie doch sehr den geflochtenen Zöpfen. Normalerweise gibt es ein, zwei oder drei von ihnen. Vielleicht bestimmt der Unterschied in deren Anzahl den Status einer Frau. Die Streifen, die von den Ohrenklappen herabhängen, haben ähnliche Eigenschaften. Denn im jakutischen Schmuck sind diese klimpernden Anhänger nicht wegzudenken. Die Sacha glaubten, dass die Anhänger mit ihrem reinen Klang die dunklen [bösen] Mächte verscheuchen, und dass diese dann nicht in der Lage sind, die Seele einer Frau zu berühren. Wie man sieht, handelt es sich um sehr schöne Streifen, also ist dieses Teil wahrscheinlich auch sehr kleidsam. Vielleicht handelt es sich um die Kleidung einer Braut oder um einen Teil einer Mitgift.“ (Тranslation in progress)

Aufgezeichnet in Jakutsk, 2024.